headerlogo
 
Inicio Kuba Aktuelle Politik Studieren in Kuba Reiseinfos
 
 
>> weiter zu den Bildern >>

Die letzten Tage in Havanna und der große Abschied

In dieser Woche hatten wir kaum eine freie Minute zum Entspannen, denn wir hatten jede Menge vor! Am Montag traf sich Nelli – Mike war wieder einmal wegen Verdauungsproblemen außer Gefecht – mit Ricardo und sie besuchten gemeinsam die Rumfabrik in seinem Bezirk „Cerro“. Hier werden zwei Sorten Rum produziert, Bocoy, den man in der Straße um Moneda Nacional kaufen kann und Legendario, den es in Devisen in den Geschäften zu kaufen gibt. Obwohl die Fabrik nur 35 Angestellte hat, werden hier täglich 7000 Flaschen produziert. Nelli war ganz begeistert von den riesen Tanks mit 96% Alkohol, die dort zu bewundern waren und wollte im Lagerkeller gleich ein Fässchen mit 190 Liter Rum für Österreich mitnehmen, es war dann allerdings doch zu schwer.

Am Ende gab es dann noch eine Verkostung, die wir uns nicht entgehen ließen und wir beendeten die Besichtigung in der fabrikeigenen Bar, wo wir uns ein Bierchen genehmigten, nachdem es dort keinen Rum zu trinken gab, da der Barkeeper an diesem Tag nicht da war! Anschließend spazierten wir noch durch Ricardos Viertel, wo uns ein tropischer sintflutartiger Regenfall überraschte und gingen anschließend wieder zurück, denn Nelli, mit Suppe und Rum bewaffnet, musste ja nachsehen, ob es Mike schon wieder besser ging und ihn wieder aufbauen.

Dienstag bereiteten wir unsere Abschlussfeier die für Freitag geplant war vor und besorgten unsere Abschiedsgeschenke, ansonsten nutzten wir den Tag um ein bisschen auszuspannen.

Mittwoch hieß es für uns früh aufstehen, denn Iván, der Leiter des Germanistikinstitutes an der Universität hatte uns gebeten, bei den mündlichen Prüfungen der StudentInnen dabei zu sein. Uns war ein bisschen mulmig zumute, den viele der StudentInnen sind mittlerweile zu unseren FreundInnen geworden. Außerdem sind wir ja keine ausgebildeten Lehrer und hatten bisher nur Erfahrungen mit Prüfungen gehabt, bei denen wir selbst unser Wissen unter Beweis stellen mussten und nicht umgekehrt. Aber Iván meinte, dass wir jetzt ½ Jahr mit den StudentInnen gearbeitet haben und daher auch bei den Prüfungen als Nativespeaker und zur Unterstützung der ProfessorInnen dabei sein sollten. Also waren wir pünktlich um 9 Uhr vor der Fakultät, wo uns schon unsere StudentInnen furchtbar nervös erwarteten. Wir versuchten sie zu ermutigen und zu beruhigen wie wir nur konnten und wurden dann in unsere Aufgabe eingewiesen.  Wir sollten Fragen stellen und darauf achten, dass die Prüfung ein Dialog wird und natürlich ein bisschen helfen, wenn den StudentInnen die Ideen ausgehen und ihnen vor lauter Nervosität nichts mehr einfällt. Außerdem durften wie auch bei der Benotung anschließend mitsprechen und wurden um unsere Meinung gebeten. Wir gaben also unser Bestes und hatten viel Glück mit unseren Prüflingen, denn alle haben bestanden! Die StudentInnen mussten mindestens eine 4 erreichen (also in Österreich eine 2, denn hier ist das Notensystem umgedreht!) um weiter Deutsch studieren zu dürfen, was zumindest in unserer Gruppe alle geschafft haben.

Anschließend feierten die StudentInnen mit Rum und Salsa Musik in der Catedra Humboldt ihren Ferienbeginn, denn die mündliche Prüfung war die letzte des Studienjahres und wir feierten natürlich kräftig mit.

Am Donnerstag, nach der Zeugnisvergabe hatten wir mit den StudentInnen ausgemacht, dass wir uns noch gemeinsam den österreichischen Dokumentarfilm „We feed the world“ ansehen. Wir waren bereits um 11 Uhr in der Catedra, aber nachdem in Kuba selten etwas pünktlich stattfindet trudelten die StudentInnen erst gegen 14 Uhr ein. Zwischendurch mussten wir noch schnell ins Internationale Büro der Universität um unsere Pässe abzuholen. Nach zweiwöchiger Wartezeit, 20 CUC Stempelmarken, aber ohne Probleme oder Zwischenfälle bekamen wir sie rechtzeitig vor unserer Abreise wieder. Jetzt haben wir unser Ausreisevisum und dürfen auch offiziell nächsten Dienstag das Land verlassen!

Danach schauten wir uns also gegen 14.30 Uhr dann doch noch die Dokumentation gemeinsam mit den StudentInnen an, welche die Lebensmittelproduktion in Europa zeigt und welche absurden Ausmaße diese im Kapitalismus annimmt beziehungsweise welche Probleme dadurch entstehen, wenn wir (in Österreich und Europa) das ganze Jahr billige Paradeiser essen und Hendl günstig kaufen wollen. Der Film hat die StudentInnen sehr bewegt und einigen die Augen geöffnet, dass Europa wahrlich kein Paradies ist.

Am Freitag war dann schließlich unser Abschiedsfest zu dem wir alle unsere FreundInnen und StudentInnen eingeladen hatten. Ab 4 Uhr trudelten langsam die Leute ein. Wir hatten Rum und Refrescos (Limonade) besorgt und Mike sorgte mit seinem Laptop für Musik. Der bewegendste Augenblick war sicher die Übergabe unserer Abschiedsgeschenke, mit denen nicht alle Beschenkten gerechnet hatten. Wir hatten für Ricardo, Iván, Michael, Aleida und Fernando, also unseren 5 besten Freunden hier, die mit uns die meiste Zeit verbrachten und uns viel geholfen haben, kleine Fotoalben vorbereitet mit Fotos der letzten 6 Monate von ihnen und uns. Außerdem haben wir jedem noch ein paar Zeilen geschrieben, die wir bei der Übergabe vortrugen und uns zusätzlich noch andere Kleinigkeiten überlegt, wie Musik-CD´s oder Tee. Die 5 haben sich sehr gefreut und nach dieser Verabschiedung ging die Party mit noch mehr Stimmung und Spaß weiter. Mittlerweile kann Nelli schon ganz gut Salsa tanzen und Mike... naja... der lernt es dann vielleicht beim nächsten Mal. Den Abend ließen wir dann gemeinsam am Malecón ausklingen, wo wir auf jener berühmten Mauer zum Meer saßen, Javier auf seiner Gitarre spielte und alle kräftig mitsangen. Also wurde es ein richtig kubanischer Abend! Wie wir hörten fanden einige StudentInnen anschließend nicht mehr nach Hause und verbrachten die Nacht bzw. den Vormittag in der Catedra, wo sie immer noch schliefen, als wir uns am nächsten Tag um 11 Uhr mit Ricardo und Michael trafen, um gemeinsam den Friedhof zu besuchen.

Es hatte sich nämlich heraus gestellt, dass Ricardo als eingefleischter Habañero viele Geschichten zu den verschiedenen Gräbern kennt, also haben wir ihn kurzerhand zwangsverpflichtet mit uns eine Führung dort zu machen. Wir besuchten das Grab der Frau, die schwanger begraben wurde und als man das Grab später wieder öffnete, war sie kaum verwest und hatte das Kind an der Brust. Seither wird sie als eine Art Heilige verehrt. Die Leute nehmen ihr Blumen mit, man muss einmal das Grabmal umrunden, ohne ihr den Rücken zu zudrehen und mit einem Glöckchen klingeln, dann - so sagen die Leute - erfüllt sie einem Wünsche, die unmöglich erscheinen. Wir haben diesen Hokuspokus dann aber doch nicht mitgemacht. Wir arbeiten lieber dafür, dass unsere Wünsche wahr werden, dafür brauchen wir keine Wunder! Anschließend waren wir noch beim Grab, wo eine Frau begraben wurde, deren Hund nach ihrem Tod täglich zu ihrem Grab kam und dort blieb bis er darauf starb. Jetzt ist das Grabmal ein Symbol für Treue. Weiters gingen wir zum Grab der Dominospielerin, die niemals verloren hatte und als sie das erste Mal in ihrem Leben, wegen einer doppelten 3 verlor, bekam sie einen Herzinfarkt und starb. Ganz schön seltsam die KubanerInnen...

Auf dem Rückweg gingen wir noch einen Sprung ins „Cafe G“. Eine In-Cafeteria mit inkludiertem Buchladen, wo uns Michael zu einem Cuba-Libre einlud. Am Abend trafen wir uns wieder mit Ricardo und Michael im Parque Central, denn an diesem Samstag fanden in ganz Havanna Konzerte und Feste statt. Vor dem Capitolio war ein großes Konzert, ebenso wie auf der Tribuna de los Antiimperialistas und in einem Park in der 23. Straße. Das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen, obwohl wir noch etwas angeschlagen vom Vortag waren.

Den Sonntag wollten wir zum Entspannen nutzen. Doch bereits in der Früh verwandelte sich unser Haus in ein Festivalgelände. Unten wurden afrikanische Lieder gesungen, zwischendurch schreite eine Ziege, die geopfert werden sollte, denn unser NachbarInnen feierten ein religiöses Santeria-Fest und oben wartete bereits ab 11 Uhr eine Schar von Kindern, denn Carla, die Tochter unserer Vermieter hatte Geburtstag und ihre Eltern bereiteten ihr eine Überraschungsgeburtstagsparty mit großer Torte und lauter Musik. Also flüchteten wir an einen ruhigeren Ort, bis der ganze Trubel vorbei war.

Jetzt sind es nur noch 2 Tage bis wir die Heimreise antreten und wir sehen dem ganzen mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen. Einerseits freuen wir uns schon sehr wieder unsere Familie und Freunde zu sehen, andererseits werden wir hier unsere Freunde sehr vermissen und viele Dinge, die wir in diesem Land lieb gewonnen haben. Naja, vorerst überwiegt die Sehnsucht nach der Heimat Österreich und wir werden sicher wieder unsere zweite Heimat Kuba besuchen.

Wir sehen uns in Österreich!


Liebe Grüße

Nelli und Mike
>> weiter zu den Bildern >>
Angehängte Dateien woche22a.zip (1MB)
woche22b.zip (2MB)

Diskussionsbeiträge

Wir behalten uns das Recht vor, Postings zu löschen!