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Betrügerische Vermarktung von Havana Club durch Bacardí

GABRIEL MOLINA

- Granma Internacional

Kuba bezeichnet die jüngste Entscheidung der Firma Bacardí, einen in Puerto Rico hergestellten Rum als Havana Club zu verkaufen, als einen „Betrug an den Verbrauchern, die ihn traditionsgemäß für einen in Kuba und nirgendwo anders hergestellten Rum halten.“ Juan Antonio Fernández, der Botschafter der Insel vor der Vertretung der Vereinten Nationen in der Schweiz und den anderen internationalen Institutionen, die dort ihren Sitz haben, formulierte am 1. September in einer Versammlung des Streitbeilegungsorgans (SBO) der Welthandelsorganisation (WTO) die folgende Anklage: „Das gesamte Verhalten der Firma Bacardí, ihre Missachtung der elementarsten Prinzipien der Handelsethik, ist auf die eigenmächtige und illegale Klausen 211 zurückzuführen, eine Verfügung, die am 2. Februar 2002 selbst von der WTO als unvereinbar mit ihren Grundprinzipien erklärt worden ist.“ Die Klausel 211, auch Bacardí-Gesetz genannt, war vom Kongreß auf Ersuchen des Senators von Florida in das US-Staatshaushaltsgesetz eingefügt und mit ihm am 21. Oktober 1998 beschlossen worden. Die WTO betrachtete diesen Zusatz als diskriminierend gegenüber nicht US-amerikanischen Unternehmen. Am 1. September äußerte der kubanische Botschafter, dass er bereits seit der Versammlung vom 19. Juli darauf aufmerksam gemacht hat, dass „das zu lange Hinauszögern der Erfüllung der Normen dieser Organisation in dem uns beschäftigenden Streit eine Erklärung hat: Man will verhindern, dass die Registrierung der Marke Havana Club im US-Amt für Marken und Patente durch ein kubanisches Unternehmen erneuert wird. Diese Tatsache hat die unwürdige Absicht, der mächtigen Firma Bacardí, die mit der antikubanischen Mafia von Miami und der Ultrarechten eng verbunden ist, zu erlauben, sich die Marke in den USA anzueignen. Das zeigen uns die jüngsten Vorkommnisse.“ Wie Fernández schildert, „lehnte das Kontrollamt für ausländische Bankkonten am 28. Juli den Antrag für eine Sondererlaubnis zur Erneuerung der Registrierung der Marke Havana Club in diesem Land ab… der wahre Grund dieser Ablehnung ist jedoch, den Interessen der Firma Bacardí entgegenzukommen, das schon länger als zahn Jahre dort zahllose Aktionen unternahm, um sich die Marke Havana Club widerrechtlich anzueignen“. Der kubanische Diplomat erinnerte daran, dass „die Europäische Union und die USA mehrere angemessene Fristen vereinbart hatten, damit die Empfehlungen und Schlussfolgerungen der SBO von den USA erfüllt werden, aber die Klausel 211 ist immer noch gültig“. „Das Verhalten der USA zeigt, wie wenig sich die Regierung jenes Landes an die grundlegenden Prinzipien der Verständigung hält, die in den Normen und Verfahrensweisen festgelegt sind, nach denen sich das Streitbeilegungsorgan richtet. Außerdem missachtet sie kontinuierlich die multilateralen Vereinbarungen der WTO, was ernste Auswirkungen auf das System hat. Dieses Verfahren schafft einen gefährlichen Präzedenzfall, der in Zukunft andere Mitglieder betreffen könnte, insbesondere die unterentwickelten Länder, die im System der Streitbeilegung ein wesentliches Element für die Sicherheit und Vorhersage des multilateralen Handelssystems sehen.“ „Können wie einem multilateralen Handelssystem, das sich auf Normen und eine vermeintliche Gleichheit von Pflichten für alle seine Mitglieder gründet, Glauben schenken, wenn einer seiner Hauptakteure eine Haltung ständiger und offener Herausforderungen und offensichtlicher Missachtung der internationalen Disziplin einnimmt?“

BACARDÍ BESORGT ÜBER DEN ZUNEHMENDEN ERFOLG VON HAVANA CLUB IN EUROPA

Vor dem revolutionären Prozess von 1959 hatte die Firma Bacardí die Destillation von Havanna nach Puerto Rico verlegt, um auf einem Territorium, das technisch gesehen zu den USA gehört, Zollvorteile zu erhalten. Mit diesem Schachzug fiel das Urteil zugunsten Barcadí aus, und die Firma behielt nach Verlassen des Landes das Marktrecht. Der Sitz wurde steuerfrei auf den Bermudas eingeschrieben und später nach Miami verlegt. Kuba hatte schon begonnen, Bacardí-Rum zu produzieren, respektierte aber den widrigen internationalen Schiedsspruch. Bacardí führte an, die Familie Arechabala für die Rechte der Marka Havana Club bezahlt zu haben. Aber diese Familie besaß die Rechte damals nicht mehr. Als der kubanische, der echte kubanische Rum in Italien die Verkäufe des Bacardí überbot und Mitte der 90er Jahre eine Bedrohung auf dem internationalen Markt darstellte, begann Bacardí einen Rum mit dem Namen Havana Club auf den Markt zu bringen. Er wurde auf den Bahamas von dem Tochterunternehmen Galleon S.A. hergestellt. Das Marketing dafür wurde eingestellt, als Havana Club International (HCI), ein Gemeinschaftsunternehmen zwischen Havana Ron y Licores und der französischen Firma Pernod Ricard, rechtliche Schritte unternahm, um zu verhindern, dass die US-Firma die Marke fälschte. 1999 erreichten die Anwälte von Bacardí jedoch, dass ein Bundesgericht im Süd-Distrikt von New York die Reklamation von HCI zurückwies. Die Richterin Shira Schenindlin stützte sich bei ihrem Urteil (Havana Club Holding S.A. gegen Galleon S.A. S.D. N.Y. 1999) auf das Gesetz von 1998, bekannt als Sektion 211, die das Recht ausländischer Unternehmen einschränkt, Handelsmarken zu benutzen, die von der kubanischen Regierung beschlagnahmt worden waren. Gleichzeitig gestattet sie US-Firmen, diese Marken zu verwenden. Im Januar 2004 entschied ein Gremium des US-Marken- und Patentamts (TTAB) den Streit jedoch für HCI, die den berühmten Rum in mehr als 80 Ländern verkauft. Die Entscheidung beendete vorläufig die Versuche von Bacardí-Martini, ihre eigene, nicht kubanische Version von Havana Club in den USA zu verkaufen. Eduardo Sadina, der Präsident und Exekutivdirektor von Bacardí, sagte, er werde gegen die TTAB-Entscheidung Einspruch erheben.

GOUVERNEUR JEB BUSH SETZTE DAS PATENTAMT UNTER DRUCK

Die Washington-Post berichtete am 18. Oktober 2002, Jeb Bush, Gouverneur von Florida, habe sich für Bacardí verwendet, obwohl die Vorschriften des Patentamtes Parteinahmen, die im Rechtsstreit eine Entscheidung zu Gunsten einer Seite erzwingen, untersagen. Es handelte sich nicht um ein ideologisches Problem. Die Rumfirma der Fledermaus spendierte der Republikanischen Partei große Geldsummen, unter anderem dem Senator Mel Martínez, der von einer Beobachtergruppe gegen Korruption (CREW) in Washington angeklagt wurde, Gelder in Höhe von mehr als 60 Millionen Dollar von Bacardí angenommen zu haben. Die Post berichtete am 4. Dezember auch, dass Rodríguez.Márquez den erforderlichen Bundesbericht verspätet vorgelegt habe, demzufolge er seit 1998 für Lobbyismus 500 Millionen ausgegeben hat. Außerdem gab Bacardí weitere 2,2 Millionen aus, um „Lobbyisten“ anzuheuern. Als es zum Rechtsstreit kam, setzte Bacardí-Präsident Jorge Rodríguez.Márquez den Gouverneur Jeb Bush unter Druck. Der Bruder des Präsidenten schrieb an den Direktor des Marken- und Patentamtes, James Rogan: „Auf Bitte der Firma Bacardí-Martini, USA, Inc. Aus Florida wende ich mich an das Marken- und Patentamt, um eine schnelle und endgültige Entscheidung in dem noch unerledigten Antrag zu erwirken… die bereits verfallene Registrierung (von Cubaexport) ist sofort für ungültig zu erklären.“ Der von Präsident George W. Bush eingesetzte Rogan hielt geheime Treffen mit Vertretern des Gouverneurbüros ab. Selbst Rodríguez.Márquez gab zu, sich wegen dieser Angalegenheit mit Vertretern des State Department, mit Vertrauten des Vizepräsidenten Dick Cheney und dem politischen Berater des Weißen Hauses, Karl Rove, getroffen zu haben. So fanden sie ihre juristische Unterstützung. HCI bewies, dass Havana Club nicht beschlagnahmt worden war. Die Familie Arechabala hatte sich einfach nicht darum gekümmert, die Marke zu erneuern. Sie war aus dem Geschäft ausgestiegen, als sie sich 1955 in finanziellen Schwierigkeiten befanden. Das kubanische Unternehmen übernahm die Kontrolle über eine bankrotte Firma. Die TTAB_Entscheidung vom Januar bestätigt, dass der Versuch von Bacardí, die Registrierung der Marke von HCI für ungültig zu erklären, keine rechtliche Grundlage hatte, denn das Unternehmen Cubaexport hatte diese Marke in korrekter Form in Kuba registriert und ihre Registrierung 1976, drei Jahre nachdem die Familie Arechabala den Verfall ihrer Ansprüche zugab, in die USA transferiert. Mit dieser Entscheidung des Patentamtes legte der republikanische Kongreßabgeordnete Jeff Flakes dem Kongreß im Jahr 2004 einen parteiübergreifenden Gesetzesentwurf vor, der die Gültigkeit der Klausel 211 aufheben würde, denn „diese bringt die US-Marken in Übersee ganz einfach in Gefahr.“ Flakes erklärte, es sei die Verantwortung des Kongresses, eine Politik zu betreiben, die US-Marken schützt, statt sie zu gefährden. Der Demokrat Charles Rangel, im Einvernehmen mit weiteren 14 Abgeordneten beider Parteien, äußerte bei dieser Gelegenheit: „die USA und Kuba haben ihre Handelsmarken 75 Jahre lang gegenseitig geachtet. Der Gedanke, dass der US-Kongreß diesen Bereich der Zusammenarbeit beseitigen könnte, indem er ein Sonderinteresse (das von Bacardí) auf Kosten von Hunderten US-Eigentümern von Markennamen durchsetzt, ist beschämend.“ Die Unternehmermedien klagen seit 1998 darüber, dass der Zusatz 211 ausdrücklich zu dem Zweck verabschiedet wurde, um Bacardí zu begünstigen. Der US-Nationalrat für Außenhandel (NFTC) brachte in einem Kommuniqué seine Unterstützung für die Unternehmer und den Kongreß zum Ausdruck. Er ist ein wichtiges Organ in der Geschäftswelt, die für ein offenes, auf Regeln beruhendes Welthandessystem eintritt. Es wurde 1914 von einer großen Firmengruppe der USA gegründet und dient mit seinen Büros in Washington und New York ca. 350 Unternehmen. Der Präsident des NFTC, Bill Reinsch, erklärte, dass mehr als 5.000 seit 1918 in Kuba registrierten US-Marken, und ca. 400 nach 1959 eingeschriebene Marken, dank des Zusatzes 211, „der gegen die mit Kuba vereinbarten Verpflichtungen verstößt, gefährdet sind.“ Er ergänzt, dass die registrierten Marken, unter ihnen McDonald, Pepsi und Coca Cola, Nike und ihre weltweite Anerkennung „Lebenswichtig für die US-Wirtschaft sind. Erstmalig seit 40 Jahren erscheinen diese Marken in kubanischen Geschäften, sie sind aber wegen der Sektion 211 gefährdet, da die kubanische Regierung dadurch die Option hat, die internationalen Abkommen zum Schutz der in Kuba registrierten US-Marken ebenfalls zu missachten.“ 2001 hatte Kubas Präsident Fidel Castro angekündigt, dass Kuba Coca Cola, Rum der Marke Bacardí und ebenfalls kubanische Medikamente gegen Aids, die von US-Unternehmen patentiert sind, vermarkten könnte. Das US-Schatzamt machte jedoch Bacardí mit einer Verordnung den Weg frei. J. Robert McBrien, der amtierende Direktor des Patentamtes beim US-Schatzamt, verweigerte Im Auftrag des State-Department dem Gemeinschaftsunternehmen Havana Club International die notwendige Genehmigung zur Erneuerung des Eigentums der Marke in seinem Marken- und Patentregister, obwohl es seit 1974 das Recht hatte und innerhalb der vorgeschriebenen Frist die erforderlichen 500 US-Dollar entrichtet hatte. Die Entscheidung gründet sich auf die so genannten Embargogesetze gegen Kuba. Somit konnte die Rumfirma am 8. August erneut einen Rum mit dem Namen Havana Club auf den US-Markt bringen.

AUCH ANDERE LÄNDER WIE DIE ARABISCHEN KÖNNTEN MARKEN DER USA ODER ISRAELS DEN SCHUTZ ENTZIEHEN

Reinsch erklärte, die Regierung habe „eine große Ungerechtigkeit begangen, die eine Reihe weiterer Unternehmen beeinträchtigen wird.“ „Andere Länder könnten Marken den Schutz entziehen oder mit dem Gesetz des geistigen Eigentums Politik betreiben. Die arabischen Länder könnten zum Beispiel die Registrierung von Marken von mit Israel befreundeten Unternehmen annullieren. Oder Pakistan kann ebenso mit Marken verfahren, die in Indien arbeitenden Unternehmen gehören“, ergänzte Präsident des Nationalen Rates für Außenhandel. HCI sagte, man werde gegen die Entscheidung erneut vor Gericht gehen. Unterdessen wiederholt Kuba seine Anklage vor der Welthandelsorganisation (WTO) und fordert, schnell und effektiv zu handeln, um die Vereinbarungen der WTO und ihre eigenen Entscheidungen geltend zu machen, und verlangt von den USA „die sofortige und bedingungslose Einhaltung der Resolutionen und Empfehlungen dieser Organisation, insbesondere jener, die im Zusammenhang mit diesen Streitigkeiten stehen und somit die Aufhebung der ungerechten und diskriminierenden Klausel 211“. Wieder zeigt sich, wie die US-Kuba-Politik Geisel einer Gruppe ist, die sich Florida bemächtigt hat und ihren Willen durchsetzt, im Widerspruch zu den Gesetzen und wirklichen Rechten und Interessen jenes Landes.

Granma Internacional, Havanna, Oktober 2006, Jahrgang 41, Nummer 10